Und, haben Sie ihn gesehen, am 14. November 2016? Den sogenannten„Supermond“? Ich persönlich habe außer Wolken und Nebel nichts erkennen können. Bei meiner Frau auf dem Land war es besser. Aber etwas enttäuschend, sagt sie, was da geboten wurde. Zu viele Vorschusslorbeeren für ein mittelmäßiges Himmelsspektakel. Hätten die Medien das Thema nicht so hochgepusht, vermutlich hätte kaum jemand bemerkt, dass der Mond anders aussieht. Was also war da los, und warum „Supermond“?
Zunächst Grundsätzliches:
Die Erde umläuft die Sonne in rund 365 Tagen auf einer nahezu perfekten Kreisbahn (Bild 1). Die von der Erdbahn aufgespannte Ebene bezeichnet man als Ekliptik. Da die Erdachse um 23,5 Grad gegen eine Senkrechte zur Ebene der Ekliptik geneigt ist, kommt es während eines Umlaufs zu den Jahreszeiten Frühling, Sommer, Herbst und Winter. Die Entfernung Erde – Sonne, die man in der Astronomie als Astronomische Einheit (AE) bezeichnet, beträgt rund 150 Millionen Kilometer.
Bild 1
Der Mond umläuft die Erde auf einer leicht elliptischen Bahn, die um rund fünf Grad gegen die Ebene der Ekliptik gekippt ist (Bild 2). Die Schnittlinie zwischen Ekliptik- und Mondbahnebene bezeichnet man als Knotenlinie. Vom aufsteigenden bis zum absteigenden Knoten bewegt sich der Mond oberhalb der Ekliptik, ab da zurück zum aufsteigenden Knoten unterhalb der Ekliptikebene. Für einen Umlauf benötigt der Mond 27,32 Tage (Mond erreicht wieder die gleiche Stellung zu den Sternen). Wie die Erde so bewegt sich auch der Mond gegen den Uhrzeiger.
Bild 2
Von der Erde aus betrachtet zeigt der Mond unterschiedliche Phasen (äußerer Kreis Bild 3). In der Zeit zwischen dem dunklen Neumond und der hellen Vollmondscheibe sieht man den Mond als mehr oder weniger ausgeprägte Sichel. Von Vollmond zu Vollmond vergehen 29,53 Tage (der Mond erreicht wieder die gleiche Stellung zur Sonne), also 2,21 Tage mehr als für einen Mondumlauf.
Das hängt damit zusammen, dass sich während des Mondumlaufs auch die Erde auf ihrer Bahn weiterbewegt. Damit Mond, Sonne und Erde wieder auf einer Linie stehen, muss der Mond am Ende jedes Umlaufs noch weitere 2,21 Tage auf seiner Bahn entlangziehen.
Bild 3
Auf seiner elliptischen Bahn ist der Mond unterschiedlich weit von der Erde entfernt. Beträgt die mittlere Entfernung zur Erde 384.400 Kilometer, so ist er im Perigäum, dem erdnächsten Bahnpunkt, nur rund 356.400 Kilometer, im Apogäum, dem erdfernsten Bahnpunkt, aber 406.770 Kilometer entfernt (Bild 4).
Bild 4
Daher scheint uns der Mond im Perigäum knapp 14 Prozent größer zu sein als im Apogäum (Bild 5).
Bild 5 (Quelle: https://www.andromedagalaxie.de/html/mond_bahn.htm)
Neben dieser scheinbaren Vergrößerung ist der Mond im Perigäum auch um rund 30 Prozent heller als im Apogäum. Die Ursache dafür ist im quadratischen Abstandsgesetz zu suchen, wonach die Strahlungsintensität umgekehrt zum Quadrat der Entfernung abnimmt.
Vermutlich sind mittlerweile einige der treuen Besucher der Seite „Urknall-Weltall- Leben“ etwas unruhig geworden, da das bisher Erzählte längst bekannt und für sie kalter Kaffee ist. Trifft das zu, so bitte ich um etwas Toleranz. Nicht jeder verfügt über das astronomische Wissen, das bei den regelmäßigen Besuchern der Website wohl vorhanden ist. Es könnte ja sein, dass sich auch mal ein astronomischer Laie auf diese Seite verirrt und sich freut, wenn er etwas lernen kann.
Doch zurück zum „Supermond“. Wann, wenn überhaupt, ist diese Bezeichnung gerechtfertigt? Wohl nur dann, wenn unser Trabant bei Vollmond der Erde besonders nahe steht, das heißt, wenn er auf seiner Bahn entweder exakt im Perigäum oder sich zumindest in unmittelbarer Nähe zu diesem Punkt befindet. Aber das ist aufgrund der verzwickten Umstände, welche die Stellung des Mondes bestimmen, meist nicht der Fall.
Denn zum einem dreht sich die Knotenlinie in der Ekliptikebene (siehe Bild 2) pro Jahr um ca. 19,3 Grad retrograd, also rückläufig, in die zur Umlaufrichtung des Mondes entgegengesetzte Richtung. Das heißt: Die gesamte Bahnellipse dreht sich, und zwar einmal in 18,61 Jahren. Bild 2 zeigt die Ellipse von links oben nach rechts unten ausgerichtet. Nach der Hälfte der Zeit, also 9,3 Jahre später, zeigt sie von links unten nach rechts oben.
Zum anderen rotiert auch die sogenannte Apsidenlinie, die Verbindungslinie von Apogäum und Perigäum, in der Bahnebene des Mondes (Bild 6). Perigäum und Apogäum wandern also entlang der Mondbahn und können dabei auch mal in der Ebene der Ekliptik zu liegen kommen. Die Form der Ellipse ändert sich bei dieser Rotation jedoch nicht. Anders als die Rotation der Knotenlinie verläuft die Drehung der Apsidenlinie prograd, das heißt: gleiche Drehrichtung wie der Mond. Ein ganzer Umlauf dauert 8,9 Jahre. Eine Bewegung, wie sie die Apsidenlinie vollführt, bezeichnet man als Periheldrehung. Beim Mond wird sie durch die Gravitation der Sonne verursacht.
[row]
Eingedenk dieser komplexen Bewegungen wird verständlich, warum der„Supermond“ ein seltenes Ereignis darstellt. Am 14. November 2016 stand der Mond um 12.15 Uhr im Perigäum in einer Entfernung von 356.508 Kilometer zum Erdmittelpunkt. Vollmond war jedoch erst 2 Stunden und 37 Minuten später, also um14.52 Uhr. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich der Abstand zur Erde nur um etwa 15Kilometer auf 356.523 Kilometer vergrößert. Die geringstmögliche Entfernung Erde – Mond beträgt übrigens 355.131 Kilometer. Damit kommt der Vollmond vom 14.November diesem Extrem schon ziemlich nahe. Eine ähnlich geringe Entfernunghatte der Mond am 26. Januar 1948, und erst im November 2034 wird es wieder zueiner derart geringen Annäherung zum Zeitpunkt des vollen Monde kommen.
Bild 6 (Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Mondbahn)
Noch ein Wort zur Beobachtung des Mondes. Ein Vergleich hinsichtlich Größe und Helligkeit ist nur sinnvoll, wenn der Mond hoch am Himmel steht. Betrachtet man ihn, wenn er gerade über den Horizont steigt, so erliegen wir einer Sinnestäuschung (Mondillusion), die uns den Mond riesig erscheinen lässt. Wieso unser Gehirn uns diese übersteigerte Größe vorspiegelt, ist bislang noch nicht geklärt. Aber auch der visuelle Vergleich des „Supermondes“ mit einem „normalen“ Mond hoch am Himmel ist kaum möglich. Denn unser Gehirn ist nicht in der Lage, sich Größe und Helligkeitdes Mondes über einen längeren Zeitraum zu merken. Insofern tut sich ein Beobachter ziemlich schwer zu entscheiden, ob der aktuelle Mond nun größer und heller ist als der vor etwa einem halben Jahr. Hier können nur Winkelmessungen zweifelsfreie Aussagen liefern. Angesichts dieser Situation kann man sich schonfragen, ob man diesen Vollmonden unbedingt das Attribut „Super“ anhängen muss. Auch viele andere Vollmonde im Laufe der Jahre sind oft nur unwesentlich kleiner.
Und „super“ ist doch nur das, was mich im Vergleich zu anderem richtig vom Hocker haut.
Übrigens: So wie es zum Vollmond als Pendant den Neumond gibt, so gibt es auch zum Super-Vollmond den Super-Neumond. Der hat allerdings einen Nachteil: Man kann ihn nicht sehen!
Das Neueste von Mustafa Basaran
- Vortrag von Josef M. Gaßner - Von Wollmäusen und Weltallstaub
- James Webb Space Teleskop: Bilder der Magellanschen Wolke übertreffen Erwartungen | Josef M. Gaßner
- (Beendet) Petition für die deutliche Verringerung der Satellitenanzahl
- Joseph von Fraunhofer und seine Linien
- Vortrag von Harald Lesch in Sonneberg